Am 15. Mai wird die Schweizer Bevölkerung über eine Erhöhung des Beitrags unseres Landes zu Frontex, der
Europäischen Agentur für die Grenz-
und Küstenwache, abstimmen. Ein Komitee,
das sich um die Industrie- und Handelskammer Wallis gebildet hat und sich aus Wirtschaftsverbänden, der FDP und der Partei der Mitte Unterwallis zusammensetzt, unterstützt ein JA. Für unsere Wirtschaft und unseren Tourismus,
für unsere Sicherheit und unsere
Freiheiten, denn ein Nein würde bedeuten, dass unser Land aus dem Schengen-Raum und dem Dubliner-Übereinkommen austreten
würde. Abseits zu stehen würde die Einhaltungder Menschenrechte nicht verbessern.
Essenziel für unsere Wirtschaft und unseren Tourismus
Teil
des Schengen-Raums zu sein, bedeutet, dass unser Land in Bezug auf Visa und
Sicherheit keine Insel inmitten von
Europa ist. Seitdem die Schweiz mit Schengen assoziiert ist, benötigen Touristen aus aussereuropäischen Ländern
kein Visum mehr, wenn sie nach einem Besuch ineinem europäischen Land in die Schweiz kommen wollen. Dies spiegelt sich
positiv in der deutlich gestiegenen
Zahl der Übernachtungen wider. Zudem geben Reisende aus China, Indien und den Golfstaaten während ihres Aufenthalts in
der Schweiz viel Geld aus, zum Beispiel in Hotels, Restaurants, Juweliergeschäften oder auch in den von ihnen
besuchten Museen. Es handelt sich also
um einen wichtigen ökonomischen Vorteil für das Hotel- und Gastgewerbe, aber
auch für den Einzelhandel, zwei Sektoren, die für unserenKanton von entscheidender Bedeutung sind und die in den letzten beiden Jahren aufgrund der
Pandemie und der Gesundheitseinschränkungen gelitten haben. Ohne das vereinfachte Schengen-Visumsystem ist ein
Rückgang des Besucherstroms aus diesen
Ländern zu befürchten. Je nach Art und Weise, wie die Schweiz ihre Visa mit
denen der assoziierten Schengen-Länder koordinieren könnte, würden der Schweizer Tourismusbranche
schätzungsweise
200 bis 530 Millionen Franken an Einnahmen entgehen - ein weiterer Tiefschlag, auf den die Branche gut verzichten
könnte. Darüber hinaus ist bei einer Wiedereinführung der systematischen Personenkontrolle an den
Schweizer Grenzen auch mit einem Rückgang deseuropäischen Tourismus zu rechnen, der etwa 30% der Übernachtungen in
unserem Land aus- macht.
Schliesslich
wären auch die Import- und Exportunternehmen stark betroffen. Bei einer
Rückkehr zu Kontrollen an den Grenzenwürden die fast 600.000 Fahrzeuge, die jeden Tag einen Schweizer Zoll passieren, in
lange Warteschlangen geraten, und die zusätzlichen Kosten würden sich auf 1,8 Milliarden Franken pro Jahr belaufen.
Diese Kosten würden hauptsächlich auf die Grenzgänger entfallen. Ein Teil dieser auf 143 Millionen Franken pro Jahr
geschätzten Kosten würde sich jedoch auch auf die Schweizerinnen und Schweizer auswirken,die regelmässig die Grenze überqueren.
Wenn die Nachbarländer nichtbereit sind, massiv in die Grenzinfrastruktur zu investieren, könntensich die Kosten für die Wartezeiten auf bis zu 3,2 Milliarden Franken
belaufen. Die Wettbewerbs- fähigkeit der Import- und Exportfirmen würde dadurch erheblich beeinträchtigt.
Sich abseits zu halten, verbessert nichts an der Situation
Die
Anschuldigungen bezüglich der Nichteinhaltung der Menschenrechte gegen Frontex
sind ernst zu nehmen. Aber ein
Rückzug der Schweiz würde die Situation an den Aussengrenzen nicht verbessern, ganz im Gegenteil! Aufgrund
seiner humanitären Tradition muss unser Land weiterhin Verantwortung übernehmen und mit gutemBeispiel vorangehen. Insbesondere war es unser Land, das vom Frontex-Verwaltungsrat eine
gründliche, schnelle und transparente Untersuchung der erwähnten Anschuldigungen forderte. Und auch ohne unser Land würde Frontex weiter existieren. Tatsächlich wird es in Zukunft nur mit zusätzlichen Mitteln und
entsprechend ausgebildetem Personal
möglich sein, Fehlfunktionen an den Aussengrenzen besser vorzubeugen und zu beheben. Die Position unseres
Landes ist klar: Die Grundrechte müssen bei jedem Einsatz von Frontex ausnahmslos gewährleistet
sein. Insbesondere müssen schutzbedürftige Personen jederzeit die Möglichkeit haben, einen Asylantrag zu stellen.
Ein funktionierender Grenzschutz und die Achtungder Grundrechte sind untrennbar miteinander verbunden. Der
Ausbau der Ressourcen von
Frontex muss mit einem verstärkten Schutz der Grundrechte einhergehen - die
Agentur hat daher eine entsprechende Strategieentwickelt hat.
Freiheit und Sicherheit
Teil des Schengen-Raums zu sein, bedeutet,systematischen Kontrollen an den SchweizerGrenzen zu vermeiden. Dies
gilt, wie wir gesehen haben, für den Zoll, aber auch für Reisende auf internationalen Flughäfen. Ein Austrittaus Schengen würde diese dazu zwingen, ihre Terminals neu zu
organisieren, was grosse Summen verschlingen und das Reisen viel mühsamer
machen würde. Den Schweizerinnen und
Schweizern ist diese Reisefreiheit wichtig. Mit dieser Freiheit geht aber auch eine erhöhte Sicherheit einher. Im
Gegenzug zur Abschaffung der systematischen Personenkontrollen und der Ausweitung der Reisefreiheit innerhalb des Schengen-Raums wurde die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Polizei-und Justizbehörden
intensiviert. Die Schweiz profitiert zudem vom Schengener
Informationssystem (SIS), das zu einem zentralen Instrument für die tägliche Ermittlungsarbeit der
Sicherheitsbehörden und der Schweizer Polizeigeworden ist. Das System leistet einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung
der internationalen Kriminalität.
Laut dem Bundesamt für Polizei fedpol, ergaben sich über dieses System im Jahr
2021 mehr als 19‘000 Treffer. Jeden
Tag werden den Schweizer Strafverfolgungsbehörden zwischen 40 und 60potenziell gefährliche Personen gemeldet.